Nach einem anstrengenden Langstreckenflug steigen Sie endlich aus dem Flugzeug aus und begeben sich in Richtung des Mietwagenschalters, bei dem Sie im Voraus einen Mietwagen für Ihre Rundreise gebucht haben. Dort teilt man Ihnen mit, dass Ihre gewählte Versicherung nicht alle Risiken abdeckt. Man bietet Ihnen für einen kleinen Aufpreis ein „Rundum-Sorglos-Paket“ an. Somit wären alle möglichen Risiken abgedeckt, ganz ohne Selbstbeteiligung. Wie entscheiden Sie sich? Unterliegen auch Sie in diesem Fall dem Zero-Risk Bias?
Selbst kleine Risiken sind uns oft zu groß. Wir sind erst zufrieden, wenn es kein Risiko mehr gibt. Und zwar nicht nur, wenn es um Geld geht, wie ein Versuch aus den USA beweist. Die Menschen dort sind im Allgemeinen eher risikotolerant. Forscher stellten sich in North Carolina, genauer gesagt ins einer Stadt namens Greensboro in ein Einkaufszentrum und sprachen Personen an, die gerade aus dem Baumarkt kamen. Die Forscher zeigten Ihnen eine Flasche WC-Reiniger und listeten die Risiken auf: 15 von 1000 Verbrauchern vergiften sich an den Gasen, nocheinmal 15 von 1000 Verbrauchern bekämen den Reiniger in die Augen und verletzten sich daran.
Menschen können nicht mit Wahrscheinlichkeiten rechnen
Die Passanten wurden schließlich gefragt, ob sie dafür bereit wären, für ein sichereres Produkt mehr zu zahlen – und wie viel. Am Ende hatten die Forscher – Kip Viscusi von der Northwestern University und zwei Kollegen – ein deutliches Ergebnis: Stolze 65 Cent mehr wollten die Befragten zahlen, um das Verletzungsrisiko auf jeweils 10 von 1000 zu reduzieren. Für die nächsten 5 Promille wollten die Passanten nocheinmal 19 Cent mehr zahlen. Ganz besonders interessant wird es aber dadurch, dass ein Großteil der Befragten nocheinmal 83 Cent mehr zahlen würden, um das Risiko auf Null zu senken. Dieses Verhalten wird Zero-Risk Bias genannt, die Neigung zum Nullrisiko. Menschen eliminieren lieber ein sehr geringes Risiko komplett, als ein großes Risiko deutlich risikoärmer zu machen. Mindestens 2 Gründe gibt es für dieses Verhalten. Ein Grund ist die notorisch schwache Rechenfähigkeit der Menschen. Wir können vor allem kleine Wahrscheinlichkeiten nur sehr schlecht einschätzen.
Gedanklich abhaken
Zum anderen wird der Zero-Risk Bias durch unsere begrenzte Gedankenkapazität ausgelöst: So lange ein Restrisiko besteht, kann das Thema gedanklich nicht abgehakt werden. Ihr Urlaub wird deutlich entspannter, wenn Sie wissen, dass Ihr Mietwagen gegen alle Schäden versichert ist. Entscheiden Sie sich gegen die Versicherung, selbst wenn das Risiko noch so gering und der Aufpreis statistisch keinen Sinn ergibt, schleppen Sie dieses Problem und die Angst vor einem Schaden den ganzen Urlaub mit sich herum. Das möchten nur die Wenigsten.
Der Zero-Risk Bias im Online Marketing
Wie kann dieses Prinzip im Online Marketing eingesetzt werden? Streng genommen gibt es nur in den wenigsten Situationen null Risiko, natürlich auch online nicht, daher spricht man auch von der „Null-Risiko-Illusion“. Trotzdem kann das Prinzip angewendet werden, in dem wir versuchen, das Risiko für den potenziellen Kunden möglichst gering zu halten oder am besten zu eliminieren. Der wichtigste Schritt dabei ist, potenzielle Risiken und Gefahren Ihrer Zielgruppe zu identifizieren. Anhand einiger Beispielen möchte ich Ihnen zeigen, wie der Zero-Risk Bias effizient verwendet werden kann, um aus Webseitenbesuchern Kunden zu machen.
1.) Fehlbestellungen minimieren
Um mit dem klassischen Onlineshop zu beginnen, ist eine der größten Risiken eine Fehlbestellung. Auch wenn in den meisten Fällen die Artikel problemlos zurückgegeben werden können, kann es besonders bei zeitkritischen Events, wie z.B. Weihnachten, zu großen Problemen kommen. Daher eliminieren manche Shops gleich zwei Bedenken: Zum einen garantieren Sie eine Zustellung vor Weihnachten, zum anderen gewähren Sie eine verlängerte Rückgabefrist, sodass bei Nichtgefallen das Geschenk ohne Zeitstress zurückgegeben kann. In Perfektion umgesetzt wird dieses Prinzip von Amazon.